Geboren und aufgewachsen bin ich als dritter Sohn eines Köhlers in einem kleinen Gehöft nahe dem Wehrdorf Wegursti. Mein Vater versorgte die nahegelegenen Schmiede mit ihrer für die Erzschmelzung und Metallverarbeitung so wichtigen Kohle. Meine Mutter ist bei meiner Geburt im Kindbett gestorben, was mir mein Vater nie verziehen hat.
Es war ein hartes und schweres Leben voller Entbehrungen, da wir die meiste Zeit eigentlich nur Holz hacken, Kohle schleppen und alle im Haushalt anfallenden Arbeiten erledigen mussten. Das Essen war karg und machte fast nie satt.
Als ich ungefähr siebzehn Sommer alt war und mein Vater seinen Frust über sein Leben und den Tod meiner Mutter mal wieder im Met ertrank, wollte er mich, wie so oft davor auch, verprügeln. Doch diesmal, nachdem ich schon ein paar Schläge eingesteckt hatte, glomm in mir eine Wut auf, wie ich sie vorher noch niemals verspürt hatte. Es fühlte sich heißer und heller an als jedes Feuer und die Sonne selbst. Ich sprang auf und wehrte mich zum ersten Mal gegen all die Jahre der Unterdrückung und Erniedrigung. Gegen all die Jahre des Leids und der Pein die er mich spüren lies. Als ich schließlich keuchend und nach Luft ringend vor Erschöpfung zusammensackte, schaute ich an mir herunter und sah das Blut an meinen Händen und begriff erst dann was ich überhaupt getan hatte. Es war ein relativ Leichtes gewesen meinen Vater im Suff zu überwältigen und grün und blau zu schlagen, aber wenn er wieder nüchtern würde dann hätte ich nicht mehr lange zu leben gehabt. Ich musste sofort weg, denn hier konnte ich nicht mehr bleiben und das wollte ich auch schon so lange nicht mehr.
Noch in derselben Nacht, nachdem ich meinen Brüdern leb wohl gesagt hatte, machte ich mich auf den Weg ins Ungewisse, auf den Weg in ein neues hoffentlich besseres Leben. Ich zog eine Weile in den Landen Hag Rauriks umher, nicht wissend wo ich hingehen sollte oder was als nächstes kommen würde, bis ich schließlich nach ein, zwei Vollmonden auf einen kleinen Söldnertrupp stieß, der mich nach einigem Zögern, und nur dank des Führspruches eines Mannes namens Fingal, mitnahm. Ich weiß nicht warum er sich für mich eingesetzt oder was er in mir gesehen hat, aber ich war ihm dankbar dafür.
Neu bei ihnen war ich für alles zuständig, was sie selber nicht erledigen wollten, wie Feuerholz sammeln, Wasser holen, Essen kochen, Löcher in ihrer Kleidung flicken und so manche andere Arbeit die ich ja schon allzu oft bei meiner alten Familie erledigen durfte. Ab und zu aber, wenn ich gerade nicht viel zu tun hatte, nahm mich Fingal zur Seite und zeigte mir Sachen die mich viel mehr interessierten und einen Söldner ausmachen. Der Kampf Mann gegen Mann mit Schwert und Schild, mit der Axt und dem Speer. Außerdem lehrte er mich meinen in mir verborgenen Zorn zu kontrollieren und für mich nutzbar zu machen, was alles auch wichtig und notwendig war. So sagte er es mir zumindest, was ich aber nicht ganz verstand, weil ich immer beim Lager mit ein paar anderen vom Tross bleiben musste wenn ein Kampf anstand. Dies war nötig um zu verhindern, dass jemand Zug- oder Reittiere stahl oder sich mit der Beute davon machte. So verging ein Sommer nach dem anderen, in denen ich mich um den Tross unseres Trupps kümmerte, und in denen ich so manches über verschiedene Kampftechniken lernte. Und der Drang zu Kämpfen wurde immer größer und größer in mir. Ich sagte Fingal mehrmals, dass ich bereit bin an seiner Seite zustehen, dass ich bereit bin zu Kämpfen. Aber er verweigerte es mir jedes Mal. Ich sei noch zu Hitzig und würde unüberlegt in den Kampf rennen. Also gehorchte ich wie sonst auch und verrichtete weiterhin meine Arbeiten und trainierte weiter und weiter.
Doch eines Tages zog unsere Gruppe wieder nach Hag Halvor, in das Sippengebiet der Adlerstolz um dort Gold und Silber im Kampf gegen die Wendools zu verdienen. Nachdem wir die Berge erreicht hatten die unser Land von dem der Wendools abgrenzten, bauten wir unser Lager auf. Zwei kleine Spähtrupps zu je zwei Mann wurden entsandt um sich ein Bild zu verschaffen was auf uns Lauern würde. Es vergingen drei Tage und wir wurden bereits ungeduldig, als ein Wachposten von uns in der Ferne etwas ausmachte. Es war einer, nur einer unserer Kundschafter, der wie von Borgrimm selbst gejagt um sein Leben rannte. Erst nach einer kurzen Zeit sahen wir auch warum. Hinter ihm begann sich der Nebel langsam zusammen zu ziehen und aus ihm kamen sie. Menschen in Bärenfelle gehüllt mit schwarzen Gesichtern an denen Blut klebte. Sie liefen fast wie Tiere und auch so schnell wie diese.
Ein Trupp unserer Männer eilte unserem Späher entgegen, aber es war zu spät, sie hatten ihn bereits erreicht. Sie schlugen ihn nieder und stürzten sich auf ihn, trieben ihre Zähne in sein Fleisch und verschlangen es. Ich habe vorher noch nie etwas derart Grausames und Widerliches gesehen. Die anderen stürzten sich in den Kampf mit ihnen und gaben ihr Bestes, doch es kamen noch viele mehr und sie waren nun Haus hoch unterlegen. Wir mussten mit ansehen wie auch die anderen Brüder von uns niedergestreckt wurden.
Fingal packte mich an der Schulter und sagte ich solle mich bereit machen für den Kampf, heute sei es soweit das ich mich beweisen müsse. So schnell ich konnte rannte ich zu meinem Zelt, warf mir meine Kettenrüstung über und schnappte mir Schwert und Schild. Als ich nach draußen kam waren diese Monster bereits über die Barrikaden geklettert und ein Kampf um Leben und Tod entbrannte. Der erste trat mir gegenüber und schlug mit solch einer Wucht gegen mein Schild, dass ich zurück geworfen wurde. Er hieb immer weiter darauf ein und ich konnte mich kaum noch wehren, als er von hinten von Fingal erstochen wurde. Dieser half mir schnell auf und wandte sich sogleich dem nächsten zu. Auch ich fasste meinen Mut zusammen und attackierte einen. Ich parierte den ersten Schlag mit dem Schild und zog gleich mit dem Schwert nach. Ich traf ihn an der Brust und machte ihn somit kampfunfähig.
Es war aussichtslos, wir waren nun zu wenige gegen diese Übermacht. Ein Krieger nach dem anderen viel in unseren Reihen. Aber plötzlich verschwanden sie so schnell wie sie aufgetaucht waren. Als wir uns umsahen waren kaum noch mehr als vier Krieger von uns übrig, mich und Fingal eingeschlossen. Wir waren uns einig, dass wir sofort von hier weg mussten. Einen zweiten Angriff würden wir nicht überleben. Nur mit dem was wir an uns trugen schlugen wir den Rückzug an. Es dauerte nicht lange bis ein kleiner Trupp von ihnen uns wieder auf den Fersen war, wir rannten um unser Leben und der erste wurde schon von einem Pfeil durchbohrt und viel zu Boden. Ein anderer rief, wir sollen ihn liegenlassen, und so gleich stürzte auch er mit einem Pfeil im Rücken.
Nun nur noch zu zweit rannten wir bis zu einem Wald der in den Gebirgsebenen lag, außer Atem und völlig erschöpft meinte Fingal das wir hier eine bessere Chance hätten. Viel weiter konnten wir eh nicht mehr rennen. Wir machten uns bereit für den letzten Kampf gegen diese Ausgeburten der Hölle. Fünf an der Zahl waren es die auf uns zukamen. Der vorderste wurde sogleich von Fingals Schwert am Kopf getroffen, hatte aber auch schon ausgeholt und traf ihn am linken Arm, wo sich zugleich eine tiefe Wunde zeigte. Ein anderer stürmte auf mich zu, mit einer schnellen Drehbewegung konnte ich ihn mit meinem Schild zur Seite drücken und mit meinem Schwert seinen Rücken aufschlitzen. Doch dann spürte auch ich einen furchtbaren Schmerz an meinem Bein und ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Fingal schaffte es noch den Krieger, welcher mein Bein verletzt hatte und gerade zum letzten Schlag gegen mich ausholte, auf die Seite zustoßen und einen anderen sein Schwert in den Bauch zu rammen. Doch bei diesem waghalsigen Manöver hatte einer der Angreifer die Chance einen vernichtenden Angriff gegen Fingal auszuführen, welcher dadurch enthauptet wurde. Geschockt und völlig entsetzt konnte ich nicht mehr weiterkämpfen. Alle die ich in den letzten Jahren kennengelernt hatte und die für mich wie eine neue Familie wurden, waren nun Tod.
Die beiden verbliebenen Gegner kamen langsam auf mich zu. Sie wollten bereits zum Schlag ausholen, als auf einmal ein Fremder aus dem Unterholz heraustürmte. Er sah aus wie ein Krieger der Halvor, dick gepanzert und sein Helm war mit grauen Federn geschmückt. Völlig überrascht hatten die Wendools keine Zeit mehr um sich richtig zu verteidigen. Der Fremde schlitzte einen von oben nach unten den Körper auf. In diesem Moment fasste ich meine Gedanken wieder und nutzte die Chance mein Schwert in den letzten Gegner zu stoßen. Erschöpft und entkräftet vom Kampf viel ich in Ohnmacht.
Als ich schließlich wieder zu mir kam lag ich an einem Lagerfeuer und mein Bein war verbunden. Der Fremde, der mein Leben gerettet hatte, war gerade dabei einen Hasen zu braten. Als er merkte, dass ich wach wurde, reichte er mir einen Tornister mit Wasser. Er ließ mir etwas Zeit wach zu werden und stellte sich dann vor. Walram war sein Name, er stammte von der Sippe der Grauschwingen ab und gehörte dem Swajut des Falken an, der unter der Führung eines Mannes namens Raskell stand. Danach fragte er mich wer ich denn sei und was mich so nah an das Gebiet der Wendools führte. Ich erzählte ihm alles über mich, den Söldnertrupp und Fingal. Danach versuchte er die passenden Worte zu finden um sein Beileid über meinen Verlust auszudrücken. Es gelang ihm aber nicht wirklich und so schwieg er eine Weile. Dann sagte er, dass er bei Morgengrauen weiterziehen müsse zu seinem Swajut, fragte aber auch ob ich denn nicht mitkommen wolle, denn wer so einen Angriff überlebt hatte müsse reichlich von den Göttern gesegnet sein und wäre bestimmt eine Bereicherung für den Swajut. Ich brauchte nicht lange um mich dafür zu entscheiden. Aber ich wusste auch, dass ich niemals vergessen würde, wer mich damals aufgenommen und sich meiner angenommen hatte.
Und so brachen wir am nächsten Tag auf und ich musste erneut ein neues Leben beginnen.