Höret, Ihr tapferen Seelen, von den finsteren Tagen des Großen Bärenkrieges, einer Epoche, da Hag Raurik von drohenden Schatten überzogen war. Die Wendools, jene wilden und ungestümen Bärenkrieger, die Kinder Borgrimms, galten seit jeher als die Erzfeinde der Rauriker. Aus den rauen Bergen des Ostens stammend, trieb sie ein unbändiger Hunger und die unstillbare Lust am Kampf. Sie stürmten wie Winterstürme über die Grenzlande, doch ebenso oft zerrissen sie sich in blutigen Fehden untereinander, und ihr Chaos hielt ihre Macht im Zaum.
Einst jedoch, vor fünfhundert Götterläufen, geschah, was niemand für möglich gehalten hätte. Die zerrütteten Horden der Wendools vereinten sich zu einer einzigen, gewaltigen Armee. Die Legenden sprechen von einer dunklen Matriarchin, deren Name nur in Flüstern überliefert ist. Mit einer dornenbewehrten Keule erschlug sie jeden Clanführer, der ihr widersprach, und krönte sich selbst zur Kriegsherrin. Unter ihrem Banner, das ein blutroter Bär zierte, zogen die Stämme wie ein Sturm herab auf die Rauriker.
Im Frühling jenes verhängnisvollen Jahres strömten die Wendools aus den Bergen, eine Flut aus Fleisch und Stahl. Die Grenzlande, überrascht von der Wucht des Angriffs, fielen schnell. Viele Rauriker, auf Beutezügen oder im Dienste fremder Herren, waren weit entfernt. Schutzlos brachen die Dörfer und Gehöfte zusammen, und ein verzweifelter Strom von Flüchtlingen ergoss sich gen Norden.
Doch wo Verzweiflung wütet, da keimt auch Mut, wie ein unbezwingbarer Funke, der in der Dunkelheit lodert. Der Clan der Ljoengarder, bekannt als die Löwenwächter, erhob sich in jener schicksalhaften Stunde, als die Hoffnung zu schwinden drohte. Zweihundert tapfere Krieger und Kriegerinnen, die Letzten ihres einst ruhmreichen Stammes, standen Schulter an Schulter in der engen Wolfsschlucht nahe Raurikor. Die Schlucht war ein karger, unwirtlicher Ort, eingerahmt von schroffen Felsen, deren Flanken die Schreie der Schlacht widerhallten.
Unter der Führung ihres Farold Arvid, einem Mann von imposanter Statur mit einem Antlitz, das die Narben unzähliger Kämpfe trug, verwandelten sich die Löwenwächter in ein Bollwerk aus Entschlossenheit und Stahl. Ihre Schilde formten eine Mauer, ihre Schwerter und Speere waren wie Zähne eines Raubtiers, bereit, die heranströmende Flut zu zerreißen. Die Wendools, eine brutale Streitmacht, die mit animalischer Wildheit kämpfte, war zahlenmäßig weit überlegen. Doch für drei Tage und drei Nächte trotzten die Ljoengarder dieser Übermacht, ein leuchtendes Beispiel für den unbändigen Geist ihres Volkes.
Die Opferbereitschaft der Löwenwächter schenkte den Raurikern kostbare Zeit. Während die tapferen Verteidiger die Wendools in der engen Schlucht bändigten, stärkten die Rauriker ihre Kapitale, errichteten Bollwerke und riefen verstreute Krieger aus den entlegensten Winkeln ihres Landes zurück. Doch der Preis für diese Rettung war hoch.
Am dritten Morgen, als die Sonne blutrot über den Schlachtfeldrand stieg, erlagen die Löwenwächter schließlich der Übermacht. Einer nach dem anderen fielen sie, erschöpft, verwundet, doch niemals gebrochen. Farold Arvid, mit dem legendären Clanschwert Leuenbrand in den Händen, kämpfte bis zum letzten Atemzug, seine Stimme donnerte Befehle und Ansporn zugleich, bevor er von der Woge der Feinde verschlungen wurde.
Als die letzte Löwenwächterin ihr Leben ließ, fiel auch das Schwert Leuenbrand aus den Händen seines Hüters. Es verschwand in den Wirren der Schlacht, ein Relikt unermesslichen Wertes, das nie wieder gesehen wurde. Mit dem Ende dieser glorreichen Schlacht erlosch auch die Blutlinie der Ljoengarder. Doch ihre Geschichte lebt weiter, erzählt an den Feuern der Rauriker, eine Geschichte von Mut, Entschlossenheit und einem Opfer, das niemals vergessen werden wird.
Ermutigt durch die Heldentaten der Ljoengarder kehrten die verstreuten Krieger der Rauriker heim und formierten sich zu einem letzten verzweifelten Gegenschlag. Der Krieg erreichte seinen Höhepunkt in der Schlacht im Blutmoor. Fünftausend Kämpfer beider Seiten trafen aufeinander, und für einen Tag und eine Nacht bebte die Erde von der Gewalt des Kampfes. Die Orks trieben monströse Kreaturen vor sich her, während die Rauriker ihre letzten Reserven an Mut und Geschick aufboten.
Inmitten des Getümmels tobte die Wendool-Matriarchin. Ihre gewaltige Dornenkeule zertrümmerte Knochen und Schilde gleichermaßen, und es schien, als könne nichts sie aufhalten. Doch in den ersten Strahlen der Morgensonne geschah das Unerwartete. Eine junge Maid, zart von Gestalt, mit Haar von der Farbe des Goldes, trat aus dem Nebel. Sie schien unbewaffnet, doch in ihren Händen spannte sich ein Kurzbogen, und ihre Augen glühten vor Entschlossenheit.
Die Alten nannten sie Alwina, und sie schritt furchtlos durch das Chaos der Schlacht. Sie legte an, und ihr erster Pfeil durchbohrte die Schulter der Matriarchin. Rasend vor Zorn stürmte die Kriegsherrin auf die Maid zu, doch ein zweiter Pfeil traf die andere Schulter. Mit einem wilden Schrei schleuderte die Matriarchin ihre Keule, doch Alwina wich aus und ließ einen letzten Pfeil fliegen. Dieser traf die Wendool-Anführerin tödlich zwischen die Augen.
Mit dem Fall der Matriarchin brach der Wille der Wendools. Ihre Krieger, überwältigt von Furcht, flohen zurück in die Berge, und der Tag gehörte den Raurikern. Doch der Preis war hoch: Das Blut unzähliger Gefallener tränkte den Boden, und das Blutgetränkte Moor bleibt bis heute ein Mahnmal des Krieges.
Von Alwina jedoch fehlte jede Spur. Manche sagen, sie sei eine Göttliche gewesen, gesandt von den alten Mächten, um die Rauriker zu retten. Andere glauben, sie war ein verlorenes Kind der Sippe, deren Mut sie unsterblich machte. Was auch immer die Wahrheit sein mag, ihr Name wird in den Liedern der Skalden geehrt, ein leuchtendes Zeichen in den düsteren Tagen des Großen Bärenkrieges.